Folge- und Begleiterkrankungen

Erwachsene mit Adipositas haben eine niedrigere Lebenserwartung und ein erhöhtes Risiko für chronische Krankheiten. Adipositas ist also nicht “nur” ein kosmetisches Problem, es ist ein medizinisches Problem, das das Risiko für andere Erkrankungen und Gesundheitsprobleme (z.B. Diabetes mellitus, Bluthochdruck, Herzinfarkt, Schlaganfall, Fettleber, verschiedene Krebsformen, Schlafapnoe) erhöht.

Vom „Wohlstandsyndrom“ zum „metabolischen Syndrom“

Früher hat man vom „Wohlstandssyndrom“ gesprochen. Im Jahre 1981 wurde erstmals der Begriff „metabolische Syndrom“ (MetS) eingeführt. Das metabolische Syndrom umfasst viele Dimensionen, kann aber grundsätzlich durch die Faktoren (1) abdominale Adipositas, (2) Insulinresistenz, (3) gestörter Nüchternzucker, (4) Dyslipoproteinämie, sowie (5) Hypertonie eingegrenzt werden. Tückisch ist, dass diese Veränderungen schleichend und zunächst ohne Beschwerden beginnen. Die sich aus diesen Symptomen ergebenden sekundären Erkrankungen, sind mit dem Auftreten von Typ-2- Diabetes, kardiovaskulären Erkrankungen und nicht alkoholischen Fettlebern assoziiert.

Tabelle: Gewichtsklassifikation bei Erwachsenen anhand des BMI (nach WHO, 2000). Kategorie BMI Risiko für Begleiterkrankungen des Übergewichts

Kategorie BMI (kg/m2) Risiko für Begleiterkrankungen der Adipositas
Untergewicht < 18,5 niedrig
Normalgewicht 18,5-24,9 durchschnittlich
Übergewicht, Prä-Adipositas 25,0-29,9 gering erhöht
Adipositas Grad I 30,0-34,9 erhöht
Adipositas Grad II 35,0-39,9 hoch
Adipositas Grad III ≥ 40 Sehr hoch

Tabelle: Risiko für Begleiterkrankungen (nach WHO, 2000)

Risiko >3-fach erhöht Risiko 2 – 3-fach erhöht Risiko 1 – 2-fach erhöht
Typ-2-Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) Koronare Herzkrankheit Carcinome (Krebserkrankungen)
Cholezystolithiasis (Gallenstein-Erkrankung) Hypertonie (Bluthochdruck) Polyzystisches Ovar-Syndrom
Dyslipidämie (erhöhte Blutfettwerte) Gonarthrose (Kniegelenks-Arthrose) Koxarthrose (Hüftgelenks-Arthrose)
Insulin-Resistenz (nachlassende Insulinwirkung) Gicht Rückenschmerzen
Fettleber Refluxösophagitis Infertilität (Unfruchtbarkeit)
Schlaf-Apnoe-Syndrom   Fetopathie (Schädigung der Frucht)

Quelle:

Obesity: preventing and managing the global epidemic. Report of a WHO consultation. World Health Organization technical report series 2000;894:i-xii, 1-253. Epub2001/03/10. http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/11234459.

Gibt es eine gesunde Adipositas?

Metabolisch gesunde Menschen mit Adipositas sind meist Frauen zwischen 35 und 40 Jahren. Mit zunehmendem Alter wird diese Gruppe aber immer kleiner. 60-jährige Frauen mit Adipositas sind nur noch zu etwa 10 Prozent, 60-jährige Männer mit Adipositas nur noch zu etwa 5 Prozent metabolisch gesund. Ein solches Erscheinungsbild – medizinisch sprechen wir von Phänotyp – existiert also nur in einem relativ kleinen Zeitfenster. Der metabolisch gesunde Adipositas-Phänotyp ist also ein Übergangsphänotyp. Es lohnt sich aber, daran zu forschen, wie man diesen Übergangsphänotyp mit möglichst großer Wahrscheinlichkeit erreichen kann.

In der Nurses‘ Health Study (NHS) wurden mehr als 100.000 Frauen von 1980 bis 2010 untersucht

Es konnte gezeigt werden, dass Frauen mit Adipositas auch dann ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen hatten, wenn sie über 10 oder gar 20 Jahre metabolisch gesund blieben. Die Autoren schließen, dass Adipositas somit ein ernst zu nehmendes Erkrankungsrisiko darstellt, unabhängig davon, ob man jahrelang keine Auffälligkeiten im Stoffwechsel hatte. Es gibt somit nach wie vor keine eindeutigen Hinweise darauf, dass es eine Untergruppe bei Menschen mit Adipositas gibt, die kein erhöhtes Risiko hat.

Eckel N, Li Y, Kuxhaus O, Stefan N, Hu FB, Schulze MB. Transition from metabolic healthy to unhealthy phenotypes and association with cardiovascular disease risk across BMI categories in 90 257 women (the Nurses‘ Health Study): 30 year follow-up from a prospective cohort study. Lancet Diabetes & Endocrinology 2018;6(9):714-724.

Stigmatisierung und Diskriminierung

Adipositas ist kein rein medizinisches oder körperliches Problem, sondern hat zahlreiche psychosoziale Auswirkungen. Besonders hervorgehoben wird in den letzten Jahren die mit Adipositas verbundene negative Stigmatisierung und Diskriminierung. Die negative Bewertung übergewichtiger und Personen mit Adipositas ist in westlichen Nationen sehr weit verbreitet. Eine Abwertung von Menschen mit Adipositas konnte in populationsbasierten Untersuchungen auch für Deutschland gezeigt werden. Dabei scheinen Überzeugungen, dass Menschen mit Adipositas aufgrund von Faulheit, Willensschwäche oder Disziplinlosigkeit allein verantwortlich für ihr Gewicht sind, weitverbreitet. Dieses Vorurteil ist abzulehnen, da eine Vielzahl von Faktoren Übergewicht begünstigt.

Fachorgan Adipositas

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Positionspapiere und Stellungnahmen

Positionspapiere und Stellungnahmen

Hier finden Sie Positionspapiere und Stellungnahmen der DAG zu verschiedenen Themen.
Medienleitfaden

Medienleitfaden

Die Stigmatisierung von Menschen mit Übergewicht stellt ein großes Problem dar. Unser Medienleitfaden Adipositas hilft Medienschaffenden dabei, sensibel und respektvoll zu berichten.
15 September 2023
Welche Rolle Stigmatisierungserfahrungen bei der Entstehung und Behandlung von Essstörungen und Adipositas spielen, was ein „gesundes Körperbewusstsein“ ausmacht und wie die Konzepte „Body Positivity“ sowie „Body Neutrality“ aus fachlicher Sicht zu bewerten sind, möchten wir auf der gemeinsamen Pressekonferenz anlässlich des DAG-DGESS Jahreskongresses beleuchten.
21 August 2023
Berlin, 21. August 2023. Mehr als 60 Organisationen appellieren an FDP-Parteichef Christian Lindner, die von Bundesernährungsminister Cem Özdemir geplanten Werbeschranken für Lebensmittel mit einem hohen Zucker-, Fett- oder Salzgehalt zu unterstützen.
26 Juni 2023
Berlin, 26.06.2023. In der festgefahrenen Debatte um Regeln zum Kinderschutz in der Lebensmittelwerbung hat das Bundesernährungsministerium einen Kompromissvorschlag vorgelegt. Lesen Sie dazu die gemeinsame Pressemitteilung der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) und der Deutschen Adipositas-Gesellschaft (DAG).
29 Mai 2023
Hamburg/Berlin, 29. Mai 2023. Die Behandlung der Adipositas steht vor einem Umbruch. Unsere neue Fortbildung bereitet Sie fachlich darauf vor und bringt Ihr Wissen zu Adipositas auf den aktuellen Stand. Melden Sie sich jetzt an und werden Sie "Adiposiolog:in DAG-DDG".
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