Nationale Diabetes-Strategie ebnet den Weg für Regelversorgung der Adipositas

München, 03. Juli 2020 Heute hat der Bundestag endlich die lange überfällige Nationale Diabetes-Strategie beschlossen. Unter dem Aspekt der Diabetesprävention wird die Etablierung einer leitliniengerechten Regelversorgung der „Adipositas-Erkrankung“ „Grad 1-3“ vorgeschlagen. „Ein wichtiger politischer Durchbruch mit Signalwirkung an den Gemeinsamen Bundes-Ausschuss, der den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen verantwortet – und an die Krankenkassen selbst!“, so Professorin Dr. med. Martina de Zwaan, Präsidentin der Deutschen Adipositas-Gesellschaft. Es sei höchste Zeit, dass die Adipositas in den Fokus gesundheitspolitischer Entscheider gerate, insbesondere, da die Diabetes-Strategie langfristig in eine ressortübergreifende Strategie für Gesundheitsförderung und Prävention in Deutschland überführt werden soll, so de Zwaan: „Mit effektiver Prävention und Therapie der Adipositas kann die Bundesregierung nicht nur den wichtigsten Risikofaktor für Diabetes Typ 2, sondern gleichzeitig das Risiko für eine Vielzahl weiterer Folgekrankheiten senken, darunter Herzkreislauf-Krankheiten, Bluthochdruck, viele Krebsarten etc. 1,2. Das Problem Adipositas anzugehen, ist daher nicht nur eine medizinische Notwendigkeit und Hilfe für Betroffene, es lohnt sich auch aus volks¬wirtschaftlicher Sicht.“, so die Adipositas-Expertin.

„Die Deutsche Adipositas-Gesellschaft begrüßt, dass der Koalitionsantrag zur Nationalen Diabetes-Strategie die Bundesregierung auffordert, ressortübergreifend im Bereich Prävention des Diabetes bzw. nichtübertragbarer Krankheiten tätig zu werden. Das schwere Übergewicht (Adipositas) wird zu Recht nicht nur als maßgeblicher Risikofaktor für Diabetes Typ 2 gesehen, sondern auch als „Erkrankung“ bezeichnet, für die nun erstmals im parlamentarischen Raum die Etablierung einer leitliniengerechten Regelversorgung für Adipositas Grad 1-3 vorge¬schlagen wird. Das ist ein wichtiger Durchbruch.“, so de Zwaan.

Zwar könne die Strategie Krankenkassen nicht verpflichten, Geld für Adipositastherapie auszugeben – dafür sei ein Gesetz nötig. Der Bundestagsbeschluß soll den Gesetzgeber in seinem Verhalten jedoch zukünftig auf allen Ebenen binden. Insofern komme ihm eine wichtige Signalwirkung an die Exekutive zu, so de Zwaan.

„Schade ist, dass die Prävention nichtübertragbarer Krankheiten immer noch zu indivi-dualiserend („Ernährung und Bewegung“) gedacht wird – dabei ist längst evident, dass verhältnispräventive Regulationsmaßnahmen auf Bevölkerungsebene am effektivsten sind. Hier bleibt die Strategie unzulänglich, z.B. beim Verzicht auf eine verbindliche Zuckerreduktion -50% in Süßgetränken oder ein nationales Werbeverbot für übergewichtsfördernde Produkte mit Kinderoptik. Wir befürworten jedoch die Orientierung an WHO-Nährwertprofilen auf EU-Ebene. Positiv ist ebenfalls, dass eine Weiterentwicklung des Präventionsgesetzes noch aussteht.“, erläutert de Zwaan.

Hintergrund:

Die Nationale Diabetes-Strategie ist ein „Leitfaden für die Bundesregierung, tätig zu werden“, so Dr. Nüßlein, Fraktionsvize der CDU/CSU am 01. Juli 2020 im Pressegespräch, kein Gesetzesentwurf. Damit bleibt die Nationale Diabetes-Strategie eine Absichtserklärung – sie stellt aber dennoch einen wichtigen Meilenstein auf dem langen Weg zur kassenfinanzierten Regelversorgung der Adipositas dar.

Quellen:

  1. GBD 2015 Obesity Collaborators:
    Health Effects of Overweight and Obesity in 195 Countries over 25 Years.
    N Engl J Med. 2017 Jul 6;377(1):13-27. doi: 10.1056/NEJMoa1614362.
    https://www.nejm.org/doi/10.1056/NEJMoa1614362
  2. Sung H et al.: Global patterns in excess body weight and the associated cancer burden.
    CA Cancer J Clin. 2019 Mar;69(2):88-112. doi: 10.3322/caac.21499.)
    https://acsjournals.onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.3322/caac.21499

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